Dienstag, 2. September 2014

,,Und wie war dein Auslandssemester?"

Wie soll man ein Resume anfangen? Mit den Worten ,, Es war schön und lehrreich". Ich kann es eigentlich nicht mehr hören und nicht mehr sagen. So lauteten zumindest meine standart Antworten für jeden, der halbinteressiert frage: ,,Und wie war dein Auslandssemester?" oder noch schlimmer ,,Wie war denn dein Urlaub?". 
Stell dir vor du kommst völlig allein in ein fremdes Land. Du wohnst mit Fremden zusammen und musst dir dein Umfeld komplett neu aufbauen. Weniger beängstigend ist der Gedanke, dass das ganze nach einem halben Jahr ein Ende hat, aber dennoch möchte man die Zeit halbwegs gut bestreiten. 
Also hängt man sich anfangs an eine große Gruppe, unternimmt möglichst viel gemeinsam, drückt hier und da ein Auge zu, wenn deine Mitbewohnerin schon nach 2 Wochen deinen ganzen Kaffe und die zweite Packung Milch ausgetrunken hat. 
Gleichzeitig versuchst du mit dem ganz anderen Lehrstiel der ,,Lehrer" klarzukommen und langsam schleicht es sich ein. Das man-hab-ich´s-zu-Hause-gut-Gefühl. Die Wintermonate waren kalt und grau und matschig. Aber um ehrlich zu sein, wir haben in dieser Zeit so viel unternommen und so viele Museen besichtig, dass es mir mittlerweile überhaupt nicht schlimm vorkommt.
Ab April verging die Zeit dann wirklich schnell. Erst besuchte mich mein Freund, dann fuhr ich zu meiner Großmutter in den Ural und ab dann wurde es warm in St. Petersburg. Das hieß Sonnenuntergänge an der Newa bei einem Bier genießen, bis in die Nacht Straßenkonzerten lauschen, vor dem Eremitage tanzen und mitsingen. Das muss man einfach schätzen. So etwas passiert dir nicht mal im Urlaub, denn dort wo du wohnst ist plötzlich jeden Tag Urlaub. So fingen auch langsam aber sicher die ,,Weißen Nächte" an. Es wurde also immer später dunkel und immer früher hell und der Newskijprospekt füllt sich schubweise mit Menschen, die sich hektisch aneinander vorbei drängelten. 

Nun bin ich wieder zurück in meinem trauten Heim und alles was mir bleibt sind ein paar Bilder, und ein dutzend Erinnerungen. Manchmal gute, manchmal schlechte. Aber was wären die guten ohne die schlechten - nur halb so gut ;). Manchmal vermisse ich das mitten im Leben sein. Dass immer etwas los war, egal zu welcher Uhrzeit. Ich vermisse die Abende an der Newa und das Ausgehen mit meiner liebe Mitbewohnerin  Jenny. Ein wenig fehlt mir auch die Sprache, ich merke, dass meine Aussprache wieder schlechter geworden ist ;P
Aber im Großen und Ganzen fehlt mir sonst nichts, das habe ich meiner tollen Familie und meinem Freund zu verdanken. Denn als ich wieder kann fühlte es sich überhaupt nicht an als ob ich weg gewesen wäre. Dennoch bin ich sehr stolz dieses kleine Abendteuer gewagt zu haben. Es hat mir meine Stärken und Schwächen gezeigt. Klar gemacht, dass egal wo du auf der Welt bist es immer liebe Menschen gibt, die dich unterstützen, ganz gleich ob du sie schon lange kennst oder nicht. Sei aufmerksam, freundlich und offen. Na seht ihr, ,,schön und lehrreich" das umfasst es doch beinahe.

Das Zugticket und die prügelnde Frau

Es war ein wunderschöner, warmer und sonniger Tag. Ich stand morgens auf und ging spazieren. Was hat das ganze nun mit Zugtickets und prügelnden Frauen zu tun? Naja, das ganze begann so. Während ich durch St. Petersburg spazierte und mich des Lebens erfreute, kam mir der Gedanke über die kommenden Feiertage einen kleinen Ausflug nach Moskau zu machen. So suchte ich die Ticketzentrale  für Zugtickets aus. Ich betrat die riesige Halle. Dort befanden sich viele Schalter und viele viele Menschen. Anders als in Deutschland hatten sich vor den Schaltern keine Schlangen gebildet. Einige saßen, andere standen irgendwo in der Gegend rum. Ich rief in die Menge rein wer der Letzte in der Schlange sei. Eine junge Frau meinte sie wäre es wahrscheinlich und so behielt ich die junge Frau im Auge. Nach mir kam ein älterer Mann und noch zahlreiche Leute, die genau wie ich nach dem letzten in der Schlange fragten. Nach einer geschlagenen Stunde und zwei weiteren Frauen, die angeblich doch vor mir dran waren trat ich an den Schalter.

>>BODYCHECK<<

Ich flog zur Seite und öffnete wieder die Augen. Ist das jetzt wirklich passiert? Leute, ich wurde von einer Frau so gewaltig zu Seite gestoßen, dass ich erstmal einen Moment brauchte und die Situation zu begreifen. Natürlich ließ ich nicht locker, schließlich war ich an der Reihe. So schubste ich die Frau genauso zu Seite. Die Ticketverkäuferin schaute völlig entsetzt durch das Glasfenster während ich mich mit der Frau hin und her schubste. Der Mann hinter mir feuerte mich an und zwei junge Frauen fingen an die Frau zu beschimpfen. Mir wurde das ganze zu blöd und ich wartete ab bis ein anderer Schalter frei wurde. Als ich dann tatsächlich nach dem Zugticket fragen konnte, war die Kommunikation mit der Dame hinter dem Schalter gar nicht mehr möglich, weil neben mir ein riesen Streit mit lauten Geschrei entfachte. Muaahhha die Frau hat die anderen anscheinend so provoziert, dass die anderen nun auf sie los gingen.
Ein ganz normaler Tag in Russland ;)